Vom Werden
„… wir sind innerlich aus dem Gleichgewicht geraten. Wir haben den technisch-wissenschaftlichen Fortschritt nicht verkraftet. Unsere menschliche Weisheit, unsere soziale Fantasie sind unter unseren technologischen und materiellen Möglichkeiten zurückgeblieben. Abgesehen davon muss jede/r von uns damit fertig werden, dass er/sie Verantwortung für die ganze Welt mitträgt, einer Welt die geschrumpft ist, die für jeden überschaubar geworden ist. Mit diesem Globalismus müssen wir unsere eigene Kultur in Einklang bringen. Die Versöhnung dieser beiden widersprüchlichen Elemente ist nur über eine menschliche, eine kulturelle Revolution zu leisten. Diese Revolution ist genauso wichtig für unser Leben wie die technisch-wissenschaftliche Revolution, die wir in den vergangenen 30 Jahren durchgemacht haben. Ich bin so optimistisch zu glauben, dass die Menschheit die Fähigkeit hat, diese Revolution zu meistern.“
Ausschnitt aus einem Interview der Redaktion Panorama mit Aurelio Peccei, 1981
Die Gedanken von Aurelio Peccei, Gründer des Club of Rome, sind heute – mehr als 40 Jahre später – noch immer hochaktuell, ja hochvirulent. Geschwindigkeit und Heftigkeit globaler Veränderungsprozesse haben weiter zugenommen. Pandemie, Krieg und Klimawandel als Spitze des Eisbergs unkalkulierbarer Entwicklungen haben gravierende Auswirkungen auf das Leben in „unserem gemeinsamen Haus“ Erde. Der gegenwärtige Paradigmenwechsel erzeugt tiefe Risse in unseren Befindlichkeiten und fordert dazu auf, unterschiedliche Weltzugänge und Werthaltungen in ihrer gewordenen und werdenden Vielfalt von Systemen, Gesellschaften und Entitäten zu vergegenwärtigen. Vor diesem Hintergrund beleuchtet der aus dem transdisziplinären Symposium hervorgegangene Band Vom Werden essentielle Aspekte der Entwicklungsdynamik in Natur und Gesellschaft und weitet so den Blick für Grundlagen und Grundthemen menschlicher Existenz.
Die Betrachtung elementarer Gegebenheiten der Natur, evolutionärer Vorgänge, dynamischer Prozesse und komplexer Wechselwirkungen von Lebens- und Phänomenwelten ermöglicht Verständnis für weitreichende Systemzusammenhänge von Natur und Kultur, deren Teil wir sind und die wir mitgestalten. Das breit gefächerte Themenspektrum inspiriert zum Weiterdenken und sensibilisiert für den vielfältigen Empfindungs-, Erfahrungs- und Wertungszusammenhang des Menschen mit Natur und Kultur. Auf Augenhöhe mit heutigen und erkennbar zukünftigen Anforderungen bildet der in sechs Teile gegliederte Themenkanon Brücken zwischen scheinbar getrennten Denk- und Lebenswelten und entfaltet eine integrative Sicht auf die Innen-, Mit- und Umwelt des Menschen. Dabei verknüpft der sparten- und kulturübergreifende Ansatz die künstlerischen, wissenschaftlichen und pädagogischen Beiträge zu einer „Szenischen Komposition“.
Filmclips mit Einblicken in die Darstellungsvielfalt der Themen des Symposiums wie Vortrag, Gespräch, Collage, Konzert, Performance, Experiment und Live-Animation erweitern und untermalen das Zusammenspiel von Sinn und Sinnlichkeit der Wort- und Bildbeiträge dieses Bandes. De Jong Attraktoren bilden als mathematisch-bildhaftes Leitsystem eine strukturierende Komponente, die zugleich das übergeordnete Thema der Dynamik widerspiegelt. Der Horizont erweitert und vertieft sich; Grundlagen und Wege im Umgang mit der komplexen Dynamik einer sich immer schneller verändernden Welt öffnen den Blick für Perspektiven einer zukunftsoffenen Wertekultur in Verantwortung für heutige und kommende Generationen.
„Visionen einer Kultur der Nachhaltigkeit“.
Erstauflage September 2019
ISBN 978-3-9816143-6-7